Die Ölpreise in London haben ihre anfänglichen Gewinne wieder abgegeben, nachdem der US-Dollar durch Spekulationen um die Zukunft des Fed-Chefs Jerome Powell stark schwankte. Am Donnerstagvormittag notierte Brent bei 68,38 US-Dollar pro Barrel, nachdem der Preis zuvor zeitweise auf 69 Dollar gestiegen war. Ein ähnliches Bild zeigte sich beim West Texas Intermediate. Der US-Dollar bewegte sich dabei gegenläufig zu den Rohölpreisen und wurde von Präsident Donald Trumps anhaltendem Drängen auf niedrigere Leitzinsen beeinflusst. Obwohl Trump Pläne zur Abberufung Powells dementierte, hatte er die Idee gegenüber Abgeordneten zuvor ins Spiel gebracht.
Positive Impulse durch Entspannung im Welthandel
Am Donnerstag konnten die Ölpreise zeitweise zulegen. Ausschlaggebend waren Anzeichen für eine Entspannung im globalen Handelsumfeld, unerwartet starke Konjunkturdaten aus den wichtigsten Verbrauchsländern sowie neue Risiken im Nahen Osten. Brent-Futures legten am Morgen um 17 Cent auf 68,67 Dollar je Barrel zu. Die US-Sorte West Texas Intermediate verteuerte sich um 31 Cent auf 66,69 Dollar.
Neue Risiken durch Drohnenangriffe im Nahen Osten
Analysten sehen eine Verschiebung der Aufmerksamkeit weg vom Nahen Osten, dennoch sorgen Berichte über israelische Angriffe in Syrien und Drohnenattacken auf Öl-Infrastruktur in der kurdischen Autonomieregion im Irak erneut für Unsicherheit am Markt. „Jedes weitere Ereignis, das das Angebot am Markt verringert, wird die Diskussion um niedrige Lagerbestände weiter anheizen“, sagt John Evans von PVM Oil Associates. „Wir rechnen damit, dass die Preise bei weiteren Risiken eher steigen werden.“
Tatsächlich haben Drohnenangriffe die Ölförderung in Teilen Kurdistans um bis zu 150.000 Barrel pro Tag reduziert, wie zwei Energieverantwortliche am Mittwoch mitteilten. Die Schäden an der Infrastruktur führten zu mehreren Produktionsstopps.
Handelsoptimismus durch US-Politik und starke Konjunkturdaten
US-Präsident Trump hat angekündigt, bald Briefe mit neuen US-Zolltarifen an kleinere Länder zu verschicken. Zugleich zeigte er sich optimistisch hinsichtlich einer Einigung mit China im Streit um illegale Drogen und einer möglichen Vereinbarung mit Europa. Diese Entwicklungen beruhigten die Märkte und sorgten für einen positiveren Ausblick im Welthandel.
Die unabhängige Analystin Tina Teng hob hervor, dass Trumps moderatere Töne gegenüber China und die Aussicht auf niedrigere Zölle für kleinere Länder als positive Impulse für den internationalen Handel gewertet werden. Auch besser als erwartete Konjunkturdaten aus China sowie der deutliche Rückgang der US-Öllagerbestände stützten die Preise.
Nachfrage- und Angebotsentwicklung weltweit
Laut Angaben der Energy Information Administration (EIA) sanken die US-Rohölvorräte in der vergangenen Woche um 3,9 Millionen Barrel auf 422,2 Millionen Barrel – mehr als erwartet. Dies deutet auf eine stärkere Aktivität in den Raffinerien, ein knapperes Angebot und eine anziehende Nachfrage hin. Gleichzeitig dämpften allerdings höhere Bestände bei Benzin und Diesel die Preisgewinne, was auf eine möglicherweise nachlassende Nachfrage im Sommerreiseverkehr hindeutet.
Daten aus China zeigen zudem, dass die dortige Rohölverarbeitung im Juni um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist – ein Hinweis auf eine robuste Kraftstoffnachfrage im weltweit wichtigsten Wachstumsmarkt für Öl.